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DRUCKNACHWEISE UND ANMERKUNGEN
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LOB DES WEINES Die Idee zu einem Buch über den Wein scheint bei einem Besuch von
Hans Dulk in München aufgekommen zu sein. Britting kannte Dulk seit
Jahren und stand in einem herzlichen Verhältnis zu ihm. Dulk war ein
ebenso musischer wie trinkfester Mann, dem in fröhlicher Zecherrunde
beim Zitieren Eichendorffscher Verse die Augen feucht werden konnten. Ursprünglich
Seemann, Superkargo, wechselte er ins Verlagswesen und wurde ein erfolgreicher
Verlagsvertreter bei Suhrkamp. In dem 1995 bei S. Fischer erschienenen
Band von Hans Benecke: Eine Buchhandlung in Berlin. Erinnerungen
an eine schwere Zeit flicht der alte Buchhändler Benecke dem Vertreter
und späteren Verleger Hans Dulk einen goldenen Kranz (so Matthias
Wegner in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18.7. 1995).
Verzeichnis der Gedicht-Titel in der 1. Ausgabe von Dulk 1944:
»Lob des Weines«
S. 348
»Auserwählt«
»Allein beim Wein« »Passau bei Regenwetter« »Sie werden nicht einsamer sein« »Rausch« »Das Windlicht« »Trinkerweisheit« »Den Weinkrug leerend« »Das Weihnachtslied der Zecher« »Die Trinker« »Der gute Tod« Eine zweite Ausgabe erschien 1947 als schmales Heft von 30 Seiten (gegenüber
49 Seiten der Erstauflage), ohne Zeichnungen. Hamburg: Dulk, o.J.
Auch die dritte Ausgabe war bei Dulk vorgesehen.
es soll nun eine neuauflage, nächstes frühjahr, heraus, bei dulk, großformat, steif gebunden, mit zeichnungen unolds wieder. es sind jetzt 46 gedichte geworden. ein neues schreibe ich ihnen ab.Am 1. 2. 1949 fürchtete Britting aber, Dulk sei »in finanziellen Schwierigkeiten, da er gar nichts vom Weinlob« höre, und am 20.5.1949 schreibt er an Unold: [...1 ich habe heute energisch brieflich von dulk den abbruch unserer beziehungen in bezug auf das weinlob gefordert. er wird keine Schwierigkeiten machen. hanser will das buch gerne bringen. allerdings hochformat, und mit der bitte, daß sich ihre illustrationen hauptsächlich auf vignetten und randzeichnungen beschränken.Im Briefwechsel mit Jung erörtert Britting über zwei Jahre hin eingehend jedes neue Weingedicht, das er fertig oder noch unfertig seinen Briefen beilegt. Am 15. 5. 1947 schickt er zwei Fassungen von »Gang durch das Weindorf«, außerdem eine Neufassung des Gedichts »Die gnädigen Götter« und schreibt dazu: [...] sie kennen meinen jammer mit den fassungen. vielleicht stelle ich in der nächsten auflage des weinlobs die fassung der »feinde« wieder her, statt jetzt der »gnädigen götter«. es ist ein formal-schulmäßiger grund, warum ichs änderte. »gott« sollte eine unbetonte silbe sein, vorschriftsmäßig. vielleicht lasse ichs trotzdem. S.349
Das Gedicht erscheint in der Sammlung bei Hanser unter dem Titel »Feinde«.
Am 25.2. 1948 an Jung: [...] »einsam trinken« gefällt ihnen immer noch? ich glaube, ich habe ihnen eine etwas gekürzte fassung geschickt. die fassung, die sie vermutlich haben, endigt mit ... »um ein marmorweisses haupt« . die andere endigt: »zischen wie die goldnen schlangen/ um das marmorweiße antlitz/ eines auferstandnen gottes/ einer abgesunknen welt«.Am 24.8. 1949 ersucht Britting Jung: [...] verehrter ratgeber, bitte, schreiben sie mir, wie sie sich die weingedichte geordnet vorstellen. (am 30.8.:) ihre anordnung finde ich sehr gut, und ich bin entschlossen, mich streng an ihre vorschläge zu halten. ich lege ihnen noch einige gedichte vor. bestimmen sie, was sie schwach finden, und was nicht hinein soll.Beigelegt waren die Gedichte: »Im Stehen getrunken«, »Der fleißige Hang«, »Sizilische Schenke«, »Der Wein«, »Rabenweisheit«, »Schenke in Palermo«, »An der Mosel«, »In der Wachau«, »Besinnung«, »Miltenberg«. Am 12. 9.49 bis 11. 11.49 folgten noch: »Labsal des Alters«, »Der Krug«, »Miltenberg« (mit leichten Änderungen), »Unter den Blumen«, »Der Perlentaucher«, »Aber der blitzdurchfunkelte Wein«.Im Juni 1950 erschien die dritte Ausgabe. Britting schreibt am 20.6.1950: lieber herr jung, grad rief hanser an, er schickte mir die ersten exemplare des weinlobs. ich sah es noch nicht. am donnerstag bin ich bei ihm, und ich werde veranlassen, daß ihnen ein exemplar geschickt wird. darein kleben sie obiges. ich bekomme, die auflage ist nur 2000, nur wenige autoren-exemplare. daher diese sparsamkeit. das buch kostet 8 mark.wie dankbar ich ihnen für ihre mitarbeit bin, wissen sie! das geschick möge sie mir erhalten! ihr britting.Oben auf dem Brief war die Widmung zum Einkleben: Für Georg Jung dem Helfer am Werk Georg Britting Juni 1950. Lob des Weines, Gedichte. Mit Zeichnungen von Max Unold. München, Hanser, 1950. Der Band trug die Widmung »Den Freunden des Stammtisches unter den Fischen«. Er enthielt 52 Gedichte und 29 Illustrationen von Max Unold; die meisten Illustrationen waren der ersten Ausgabe entnommen. Für die Gesamtausgabe der Nymphenburger Verlagshandlung 1957 nahm Britting nochmalsVeränderungen in der Abfolge der Gedichte vor; das Gedicht »Burgundische Fahrt« kam hinzu.Zeichnung von Max Unold,Seite 5 der Ausgabe (verkleinert) des Hansen-Verlags 1950 Werkgeschichtlich gehören die beiden Bände Die Begegnung und Lob des Weines zusammen, bilden eine Einheit, wie dies Hellmut von Cube ebenso wie Georg Jung in ihren Besprechungen begründen. »Lebensfest und Totentanz« nannte Cube seinen Britting-Essay, der in der Pfingstnummer des Münchner Tagebuchs (2. Jg. Nr. 21, 24. 5. 1947) zuerst erschien und 195o in den Almanach des Münchner Tagebuchs Die Kameltränke; (Hg. Hans Joachim Sperr, München: Neue MünchnerVerlags GmbH 1950, S. 125-127) aufgenommen wurde: [...] Das sind Medaillons über den Fenstern des Todespalastes, Blätter aus einem alten Stundenbuche - mit seinem grimmen Humor, seiner Dra- stik, seiner naiven erschütternden Schaukraft - transponiert ins Zeit= lose. - Das lebt auch in der Sprache. Jedem Spiel und jeder Manier entwöhnt, zeigt sie sich in der Einfachheit, in der Kühnheit und Plastik des herbstlichen Raisonnements würdig.Georg Jungs Aufsatz »Georg Britting lobt den Wein« erschien zuerst am 18.7. 1950 in der Süddeutschen Zeitung, am 19. B. r95o im Rheinischen Merkur. Jung weist auf den inneren Zusammenhang der beiden Gedichtbücher hin: [...] in ihnen erscheint die Polarität von Brittings Dichtung gleichsam kristallisch rein, und um sich gegen das große Buch vomTode mit annähernd gleichem Gewicht behaupten zu können, mußte das »Weinlob« wachsen und ein ausgereiftes und gerundetes Buch werden. [...] Brittings Dichtungen sind von je ausgesprochen männlich gewesen, so auch dies Buch, worin der Freundschaft zwischen Männern die bewegendsten Denkmäler gesetzt werden. Es ist männlich vor allem in der echten Skepsis, dem gelassenen Wissen darum, daß es nicht frommt, sich zuviel von der Welt zu versprechen. [...] Der oft gerühmten Bildhaftigkeit von Brittings Lyrik, die auch im »Weinlob« ihre Kraft bewährt, Geistiges schaubar zu machen, hat sich längst eine Versmusik verbunden, deren spröde, dunkle Süße dieser Männlichkeit entspricht.[...]Hermann Stahl, seit Ende der dreißiger Jahre mit Britting bekannt, äußerte sich über Brittings Lyrik zu verschiedenen Anlässen (vgl. Bd.2, S.348). Er nahm eine der bekanntesten Gedichtzeilen Brittings - »Kein Bild ist Betrug« - als Überschrift für seinen Essay, der in Das literarische Deutschland, 2, Heft 2, 1951, S.14 erschien. [...]Wenn er [Britting] den Wein glühen sieht in unsrer schwarzen RäuberhöhleWelt genannt, dann liegt die Wurzel der hier zugrunde gelegten Aussage offen zutage: »Kein Bild ist Betrug« wird zum Hinweis darauf, daß all die so angesprochene Bildhaftigkeit Mittel, »Vorwand« bleibt, daß es also in unlösbarem dialektischen Spannungsverhältnis zu Außerdinglichem, zu Unsagbarem steht. Man blicke in das dunkelhelle Funkeln dieser Sprache, um zu erkennen, daß noch diese Weingedichte in Gelassenheit den Schmerz und die Einsamkeit des Menschen umfangen.[ ...] Georg Britting ist ein bedeutender Lyriker. Und wenn seine farbenstarke, körnige und so unmittelbar angehend mächtige Sprache in manchem Stück gedrängter [...] und wohl stiller wurde, dann möchte ich dies für ein Anzeichen jener Stufe halten, auf der der Mensch zentral erscheint,' der homo ludens nicht und nicht der homo sapiens, sondern ganz ein:, fach der Mensch in seinem Dastehen, diesem ungeheuerlichen und erregenden, zwischen Zeit und Ewigkeit.Mit der Aufnahme, die der Band des Hanser-Verlags fand, konnte Britting zufrieden sein, und es wäre zu erwarten gewesen, daß sich die Auflage 2ooo Exemplaren gut verkaufen ließe. Aber noch nach Brittings Tod konnten Liebhaber über denVerlag den Gedichtband erwerben.
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