...
zurück zum Inhaltsverzeichnnis
© Georg-Britting-Stiftung

Georg Britting
Sämtliche Werke  - Prosa -
Herausgegeben von Wilhelm Haefs

Als Pdf-Datei öffnen
Band 3-2  Seite 31
Kommentar Seite 449

Aus: »Die Kleine Welt am Strom«        Neu erschienen bei Rimbaud ! [Okt.2006]


Fischfrevel an der Donau

Mein Vater, ich erinnere mich gut, war eine Zeitlang Angler, später ließ er es, ich weiß nicht warum, war also eine Zeitlang Angler, sogar leidenschaftlicher Angler, und viele seiner freien Abende und die meisten seiner Sonntage verbrachte er damals am Wasser, an der Donau, der grün und mächtig strömenden, auch am bräunlichen, traurigen, stillen Regen, an der schwarzen, funkelnden Naab und der bläulich schillernden Laaber. Er hatte es gern, wenn ich ihn begleitete, in den Uferstauden saß, zu seinen Füßen, mit ihm den Korkschwimmer belauerte, mit ihm hoffte, daß ein Fisch den Köder nähme, aber an schlechten Tagen drehte sich der Schwimmer nur höhnisch um sich, und oft gingen wir mit leeren Händen heim, und dann schämte sich mein Vater, und es war da doch gar nichts zu schämen, wenn die Fische eben keine Lust hatten, zu beißen.
 Am liebsten begleitete ich ihn, wenn er sich zu den Altwässern an der Donau aufmachte, einer grünen Wildnis von Weiden und verfilztem Gestrüpp. Da saßen wir auf dem lehmigen Boden, eine Weide, krumm, hing über dem schwarzen Spiegel, und all die vielen Blätter spiegelten sich im Wasser. Wasserjungfern, grün, mit Glasflügeln, schwebten, surrten, seltsam starr, als seien sie nicht aus Fleisch, wie Maschinen waren sie. Schilf stand am Ufer, stach aus dem Wasser, gelbes und grünes, und es roch schlammig.
 Wenns mir zu heiß wurde an dem moorigen Tümpel, schlich ich mich weg durchs rauschende Gebüsch, bis zum steinernen Damm, der die Altwässer von der Donau trennt. Da wehte es auch schon kühl her, das war der Strom, da floß er, grün, breit, wallend, strudelnd manchmal. Ich hängte die Beine ins Wasser, die Schuhe hatte ich bei meinem Vater gelassen, und sah lange auf das Strömende hinaus, und so unruhig ich sonst war, hier konnte ich eine halbe Stunde lang sitzen und schauen, nur schauen. Vom Dorf gegenüber krähte verloren, verschollen ein Hahn, die Turmuhr schlug ihren Schlag, die Sonne lag auf den roten Dächern, alles war wie träumend, der große Strom floß, und weiße, dicke Wolken schwammen am blauen Himmel.
 Abends gingen wir dann heim, im Fischnetz trug ich die Beute, zwei, drei Fische, vom Vater totgeschlagen, mit glasigen Augen und Blut vorm Maul, und die Fische gabs dann meistens als Abendessen, aber ich machte mir nicht viel daraus, hatte Angst vor den Gräten, kostete nur gerade und hielt mich lieber an ein Butterbrot.
 Mein Vater hatte sich eine Angelkarte gelöst, was sage ich, zwei, drei Angelkarten, die ihn zum Fischen in verschiedenen Flüssen berechtigten. Ich hatte keine Karte, sie wurden ja auch nur an Erwachsene abgegeben, aber manchmal hieß mich mein Vater die Gerte halten, damit er sich etwas Bewegung machen könne, und ich hoffte und fürchtete dann in einem, daß ein Fisch anbeißen könnte, denn ich traute es mir nicht recht zu, so ein zappelndes Tier aus dem Wasser zu schleudern, hoch im Bogen, kunstgerecht, wie ichs beim Vater oft gesehen hatte. Aber als es mir einmal gelang, schrie ich vor Begeisterung, als der silberblitzende Befloßte am Ufer im Sand sprang, auf und nieder sprang, am Haken noch hing. Mein Vater kam herbeigeeilt, löste vorsichtig den Haken aus dem gemarterten Schlund, hielt den Fisch fest in der Hand, bis ich das Netz öffnete, der Fisch hineinplumpste. Das Netz wurde dann ins Wasser gehängt mit dem lebenden Tier.
 Das hatte mich stolz gemacht, Jägerfreude war in mir, daß ich abends wie ein Alter neben meinem Vater heimging, das Fischnetz trug wie immer, und hin und wieder hinsah auf meinen Fisch, den ich aus der Flut geschleudert hatte, und der nun tot und verkrümmt in den Maschen hing, neben den beiden, die Vater sich noch geholt hatte, aber meiner war der größte von heute.
 Das war in den großen Sommerferien. Und als ich zu Bett ging, immer noch stolzgeschwellt über mein Jagdglück, überfiel es mich, morgen allein zum Fischen zu gehen, in aller Frühe schon mich aus der Wohnung zu schleichen und unbemerkt wieder zurückzukommen, ehe alles aufgestanden war. Es war zwar polizeilich verboten, ohne Karte zu fischen, »schwarz« angeln hieß man das, und man mußte vor jedem Schutzmann achtgeben, aber ich wußte auch, dort hinaus, in das Gestrüpp vor der Stadt, geriet so leicht kein Wächter, wir hatten noch nie einen gesehen und waren schon dutzendmal dort gewesen. Ich schlief schlecht, fuhr immer wieder im Bett hoch, aber immer wieder und immer noch sah die Nacht schwarz zum Fenster herein. Als es etwas nach drei Uhr war, ich war zum Fenster getreten, hatte in die tiefe Stille hinausgeblickt, glaubte ich im Osten einen schwachen Lichtschimmer zu sehen, und da kleidete ich mich kurzentschlossen an, schlüpfte auf Strümpfen zur Tür, zog im Hausflur die Schuhe an, ging die hallenden Straßen zur Donau hinab. Es fröstelte mich, Nachtkühle schauerte, die Donau rauschte und trug kleine Nebelfetzen auf ihrem Rücken dahin. Die Dämmerung kam, noch waren die Sterne am Himmel, keine Wolke. Ich war wohl noch nie in meinem Leben so früh auf den Beinen gewesen, alles sah merkwürdig und anders aus, die bekannten Umrisse von Häusern und Bäumen verschwammen undeutlich im Grau, die Ufersteine waren naß vom Tau, wenn ich mich umsah, rötete sich der Himmel, das Grau über der Donau lichtete sich, ein hellerer Schein legte sich über die Hänge am jenseitigen Ufer.
 Der Damm begann, die Sträucher rechts und links wischten mir feucht ins Gesicht, warfen mir Tropfenketten über die Ärmel, das nasse Gras, das kümmerlich zwischen den Dammsteinen wucherte, machte mir die Stiefel glänzend schwarz. Da war die Stelle, wo wir gestern die Angelgerte versteckt hatten, ich bog die Weiden auseinander, da stand sie, ich nahm sie, nun brauchte ich noch Köder. Ich wußte einen Platz, wo es Würmer gab, grub mit einem Stück Holz in der weichen Erde, um diese Stunde waren sie am leichtesten zu erwischen, bald auch hatte ich genug bläulichrot schimmernde Regenwürmer, nur solche mittlerer Größe nahm ich, die waren die besten, die schmeckten den Fischen am besten. Ich tat die Schlängeltiere in eine Tüte, die ich mir aus einem großen, feuchten Blatt drehte, und ging zu dem Weiher, wo ich gestern meinen ersten Fisch geangelt hatte.
 Die Würmer auf den Haken zu spießen, das tat ich ungern, es trat ein weißlicher Saft aus den Ringelleibern, wenn das scharfe Eisen hineindrang, und es war mir unangenehm, daß ein Wurm gleich dreimal oder viermal durchbohrt werden mußte, bis er wie ein zuckendes Geflecht am Haken hing, aber es mußte sein, und ich meinte mich zusammennehmen zu müssen, und die Schwäche kam mir knabenhaft und unmännlich vor.
 Dann schleuderte ich den Köder klatschend auf das Wasser, er sank unter, und der Korkschwimmer lag unbeweglich auf dem schwärzlichen Glanz. Nie war es hier sonst so ruhig gewesen. Keine Wasserjungfer surrte, Mücken tanzten nicht wie sonst, auf den Sträuchern blitzten die Tautropfen, das Schilf stach feindselig in die Luft, kein Wind ging. Der Schwimmer rührte sich nicht, ich warf den Köder an eine andere Stelle, geschickt genug, daß er in eine Art von Bucht niederfiel, wo Fische gern stehen, aber keiner machte sich an den Wurm . . . . Mit einem Ruck holte ich den Köder heraus, der Wurm drehte sich immer noch am Haken, und ich ging auf dem Damm eine Strecke zurück und hinüber zur Donau.
 Hier war das Licht schon mächtiger geworden, der Himmel glänzte grünsilbrig und war bestrebt, blau zu werden. Das Dorf drüben lag noch im Grau, wie immer krähte ein Hahn herüber, kalt wars und immer noch dämmerungsfrüh.
 Es war kein sehr hoher Wasserstand in diesem Sommer, große Steine, vom Uferbau übriggeblieben, ragten aus der Flut, still rauschte das Wasser um sie, die bemoost waren, und ich zog meine Schuhe aus, um auf einen dieser Klötze zu steigen. Kalt schlug der taufeuchte Stein gegen meine fröstelnden Fußsohlen, mit der Angelgerte das Gleichgewicht suchend stand ich schaukelnd, trat auf einen anderen Block hinüber, der wie ein Tierrücken aus dem Wasser sich wölbte.
 Neben diesem Stein ging das Wasser tief hinunter, es war ein Baggerloch vielleicht, deutlich sah ich am Boden des Kessels die flachen, grünlichen Donaukiesel und sah noch etwas, etwas so Erschreckendes und Erstaunliches, daß ich den Atem anhielt, unwillkürlich. Ich kniete auf dem Stein nieder und brachte mein Gesicht dicht über das Wasser, daß ich die Kühle spürte, die aus der Tiefe aufstieg, und geheimnisvoll und seltsam lautlos, ja, die Lautlosigkeit fiel mir besonders auf, obwohl sie doch ganz und gar natürlich war, lautlos und wie schwebend glitten viele Fische in dem Kessel hin und her, schwammen schräg nach oben, wendeten, ließen sich nach unten sinken, standen kurz, rührten ein wenig die Schwanzflossen, strichen umeinander her. Es waren dickköpfige Barben darunter, Eiteln, Brachsen mit breitgequetschten Leibern, Weißfische blitzten, wenn sie sich auf die Seite legten, wie sie es gerne tun. Es war ein verwirrender Anblick, es war wohl ein Dutzend Fische, vielleicht mehr, vielleicht weniger, ich konnte sie nicht zählen, weil sie sich unaufhörlich bewegten. Ich wäre auch zu aufgeregt gewesen, sie kaltblütig zu zählen.
 Ich sah weg von dem geschmeidigen Gegleite: da war die Donau, mächtig, wie in Stößen schien sie manchmal schneller zu fließen, drüben waren die Wiesen, das Dorf war da, die Hügel jenseits, der Himmel über mir, ein paar Schwalben schossen dicht überm Wasser hin, die Sonne war schon heraufgekommen, wärmte noch nicht, leuchtete noch bloß, und als ich wieder hinabsah in den Fischkessel, da schwamm und stieg und glitt und blitzte immer noch das Fischdutzend.
 Sie sahen sehr groß aus, die Fische, das Wasser war trügerisch, wußte ich, ließ die Dinge größer und verzerrt erscheinen, aber auch wenn ich das abrechnete, mußten es immer noch stattliche Tiere sein, die sich hier versammelt hatten.
 Sie mit der Hand zu fangen, wie es fast möglich schien, wollte ich doch nicht versuchen, aber hier konnte man angeln auf die einfachste Art, ohne Gebrauch des Schwimmers, hier konnte man dem Fisch den Köder dicht vors Maul halten und zusehen, wie er schnappte. Ich ließ also den Haken mit dem sich noch immer drehenden Wurmknäuel in das Loch gleiten, mitten zwischen die Fische. Ich sah die dünne Angelschnur schräg im Wasser wie eine grüne Wasserpflanzenfaser schwimmen, aber zuerst beachteten die Fische den Köder nicht, streiften die Schnur, daß sie sich bog, und ich zog den Köder hin und her, um einen der Fische zu verlocken, ihm nachzuschwimmen, um ihre Neugier zu reizen, aber die blauschwarzschimmernden Tiere waren gar nicht neugierig, lautlos, immer wieder erregte es mich, daß sie lautlos waren, stumm und geheimnisreich zogen sie ihre Bahn.
 Eine große Brachse stand fast am Boden des Lochs, und da ließ ich den Köder noch tiefer sinken, bis er dicht vorm Maul des scheibenflachen Tiers hing. Der Fisch stieß ein paarmal mit dem Maul gegen den Köder, schwamm rückwärts, als nehme er einen Anlauf, schoß vor, schnappte zu, ich riß die Angelgerte entgegen der Richtung des Stoßes der Brachse, damit der Haken fest in ihren Gaumen dringe, schon straffte sich die Schnur, ich spürte den Ruck, ich sah den Fisch sich winden und krümmen, sah, wie blitzend, silberne Perlen werfend, die anderen Fische nach oben schossen, aus dem Loch herauszukommen, dicht aneinander, eine flüchtende Schar, drängend ins offene Wasser, sah das Loch leer, nur eine zappelnde Brachse schlug Wellen, und dann schleuderte ich sie heraus ans Licht und ans Ufer.
 Ich sprang über die Rücken der großen Steine ans Land, zog den schlagenden Fisch an der Schnur heran, um ihn vom Haken zu holen. Ich schauderte, als ich das Tier, zweimal handlang, naß, in die linke Hand nahm, spürte, wie seine Muskeln sich spannten, mußte fest zugreifen, daß es mir nicht entschlüpfte, und versuchte nun, wie ich das oft bei meinem Vater gesehen hatte, den Haken aus dem Gaumen herauszudrehen.
 Aber es gelang mir nicht. Ich zitterte, als das Eisen sich nicht löste, als hellrotes Blut dem Tier aus dem Maul drang, und so wollte ich den Fisch zuerst töten und ihn dann vom Haken nehmen, um ihm Schmerzen zu sparen. Ich schlug seinen Kopf ein paarmal fest gegen einen Stein, aber meine bebende Hand hatte keine Stärke, der Fisch lebte, rutschte mir aus den Fingern, zappelte und sprang am Boden.
 Ich stürzte mich von neuem auf ihn, klatschte den Kopf wieder gegen einen Stein, und weil der Fisch nicht sterben wollte, schmetterte ich ihn in meiner Verzweiflung gegen, den gepflasterten Damm, immer wieder, tobend, Tränen der Wut und des Mitleids und der Beschämung im Auge, immer wieder, fünfmal, sechsmal. Aber der Fisch lebte, seine Sprünge wurden kleiner zwar, matter, aber tot, tot war der Fisch nicht.
 Es war schrecklich, am liebsten wäre ich davongelaufen, ich hatte noch nie in meinem Leben ein Tier getötet, ja, einen Käfer vielleicht einmal zertreten, eine Spinne, aber das Tier hier war halb so lang wie mein Unterarm, und starb nicht. Seine Schuppen hingen schon am Damm, es war mit Erde beschmiert, daß es nun wüst und schwärzlich aussah, sein silberner Glanz war weg, den scharfen, blauen Eisenhaken hatte es im Maul, wieder warf ich es zu Boden, aber es lebte.
 Ich setzte mich zu Boden, den Rücken gegen den Fisch, sah auf die Donau hinaus, saß mit schlagendem Herzen, der Fisch mußte doch von selber sterben, das war jetzt meine wahnwitzige Hoffnung, er mußte doch ersticken, aber ich wollte ihm dabei nicht zusehen, das wenigstens wollte ich nicht. Jetzt gerade kam ein kleiner Flußdampfer ratternd gegen die Strömung gekeucht, in der Strommitte, ich war selbst mit dem Dampfer schon manchmal gefahren, er arbeitete sich nur langsam voran, er war nur mäßig besetzt, sah ich, bei dieser Morgenfahrt. Jemand auf dem Schiff hatte mich Frühaufsteher sitzen sehen, winkte mit einem weißen Tuch einen Gruß herüber, wie betäubt zog ich auch mein Taschentuch, winkte zurück, war entschlossen, nicht umzusehen nach dem lautlosen Todeskampf hinter mir, bis der kleine Dampfer um die Strombiegung verschwunden sein würde. Die ersten Wellen, die das Schiff warf, kamen gegen das Ufer gerannt, klatschten gegen den Damm, schäumend, das Schiff war nun nicht mehr zu sehen, sein Keuchen noch schwach zu hören, die Wellen verliefen sich, die Donau strömte wie immer.
 Ich drehte mich um, der Fisch zuckte immer noch, ich glaubte, es nicht mehr ertragen zu können, der blaue Himmel über mir sah unbarmherzig zu, in den Weiden ging ein leichter Wind, die Morgenstille war friedlich, freundlich sah das Dorf herüber, und der Fisch, der Fisch lebte.
 Da tötete ich ihn, wie die Tiere, die ich schon je getötet hatte, die Spinnen und die Käfer: die hatte ich zertreten! Ich zog meine Schuhe an, sprang auf den Fisch und sah ganz geradeaus dabei, sah nicht auf meine Füße hin, rutschte, trat wieder zu, drückte und stampfte, hämmerte mit den Absätzen, zerquetschte und zermalmte ihn, bis ein schmutziges, blutverklebtes, unförmiges, geschupptes Stück Fischfleisch auf den Steinen lag. Dann zog ich den Haken heraus, jetzt ging es leicht, warf den Fisch weit ins Wasser, reinigte, rieb und schabte die Schuhe im Gras, reinigte mir die Hände in
der Donau, wusch sie lange und gut und unermüdlich, ließ sie im Wasser hängen, wohlig, ließ sie von dem grünen Donauwasser umspülen, konnte mir nicht genug tun mit dem Waschen, als müßte ich Vieles und Schlimmes und Ekelhaftes abwaschen. Die Angelgerte versteckte ich wieder am alten Platz und machte mich dann auf den Heimweg und fing plötzlich zu laufen an, lief lange, bis ich atemlos war.
 Es gelang mir, unauffällig in die Wohnung zu kommen, es war mir den ganzen Tag, als sei der Boden unter mir nicht fest, und als ich nachmittags, es waren ja Ferien, im Gras lag und ein Butterbrot aß, fand ich an meinem Schuh, zwischen Oberleder und Sohle, eine Schuppe, eine getrocknete, spröd gewordene, undurchsichtige, stumpfweiße Schuppe. Die rieb ich zwischen den Fingern, legte sie auf das Brot, biß kräftig ab und aß die Schuppe mit dem Brot hinunter. Warum ich das tat, weiß ich nicht.



 

Drucknachweise und Anmerkungen

S.31 Fischfrevel an der Donau Zuerst erschienen in: Kölnische Zeitung, Nr.363, 6.7. 193o [E], mit folgenden Abweichungen: S.31, Z.12: höhnisch E: freundlich S.31, Z.16: begleitete ich ihn E: begleitete ich meinen angelnden Vater
S.37, Z.18: Gestrüpp. E: Gestrüpp, wo in runden, schwarzen tiefen Wasserlöchern der Bürstling haust, ein wilder Raubfisch mit gefleckter Haut und stachliger Rückenflosse, selten größer als gut handgroß.
S.37, Z.26: an dem moorigen Tümpel E: an dem kleinen Altwasserweiher S.32, Z.72f: was sage ich Fehlt in E.
S.32, Z.25: vorsichtig E: kunstgerecht
S.33, Z.2f: mein Jagdglück E: meine Fischertat
S.33, Z.6: Es war zwar polizeilich verboten E: Das war verboten, es war mir von den Eltern verboten, so allein wegzulaufen, und es war ja auch polizeilich verboten
S.3q, Z.32: geworden E: geworden, das die Altwasserweiden nicht hereinließen
S.36, Z.9: Der Absatz beginnt in E: Jetzt erwachte der Fischer in mir. Sie
S .37, Z.15: sparen. Ich E: sparen. Ich versuchte den Fisch »abzuschlagen«, wie die Fischer das heißen, ich
S.37, Z.24: der Fisch lebte E: der Fisch war nicht tot
S.38, Z.28: auf meine Füße hin E: auf meine Füße hin, also sprang ich mit den Absätzen auf den Fisch
Zwischen E und der Buchfassung steht der Druck von Fischfrevel an der Donau in: Das Jahrbuch der deutschen Dichtung 1932, hg. v. Verein Raabe-Stiftung, München/Leipzig 7932, S.38-49. - Einem Abdruck des Textes, nach Erscheinen der Kleinen Welt, im Hannoverschen Kurier (Nr. 772, 77.4.7933) war folgende redaktionelle Vorbemerkung beigegeben: »In seinem neuen Werk
[...] erzählt Georg Britting von seiner Heimat an der Donau. In einer Fülle stimmungsreicher Geschichten und Gedichte ist diese Erinnerung lebendige Gegenwart [!] geworden.«
Der späte Druck in E I, S.74-83 ist fast unverändert:
S.31, Z. 1: ich erinnere mich gut Fehlt in E 1.
S.35, Z.23: »Eiteln« eigentl. Aitel oder Döbel - gehören zu einer Karpfengattung.


S.47 Lästerliche Tat
Zuerst erschienen in: Frankfurter Zeitung, Nr.848, 10.5.1928. [E] Auch in: Der Spiegel, hg. v. H.F.S. Bachmair (Erinnerungsgabe zum hundertjährigen Bestehen der G.Franzschen Hofbuchdruckerei), München 1929,
S.17-23.
Der Erstdruck weist folgende Abweichungen auf S.41, Z.1: In der Stadt E: In meiner Stadt
S.43, Z.4: als ich schon fünfzehnjährig war E: als ich schonfünfzehnjährig war, in die Realschule ging
S.43, Z.6: Hosen. E: Hosen. Schulferien hatten wir.
S.43, Z.28-34: Der Absatz lautet in E: Hinterm großen Dom ist ein grüner Domgarten. Dort ist's schattig kühl, wenn der steinerne Domplatz vor Hitze kracht, und das Grün der Bäume und der Blätterschatten auf dem Pflaster, der grüne, wie ist er wohltuend gegen die lähmende Glut vorn. In diesem grünen Domgarten steht eine kleine Domkapelle, uralt, und der dunkle Eingang in die Kapelle düstert unheimlich. Hier brannte vor dem Goldaltar das ewige Licht, schwamm in einer roten mit Öl gefüllten Glasschale ein winziger Docht. Rötlich schimmerte das Lichtlein, zum Zeichen, daß der Herr leibhaftig im Altarschrein zugegen war.
S.44, Z.20: Folgt in E ein kurzer Absatz: Und morgen kam Hans, mein Freund, daran, das ewige Licht kirchenschänderisch auszublasen.
S.44, Z.21: Anlagen E: Allee
S.44, Z.34: kirchenschänderisch Fehlt in E.
S.45, Z.73f.: Es war dunkel in der Kapelle E: Es war kühl in der Kapelle, dunkel
S.45, Z.19f.: Aufpasser E: Spion
S.43, Z.9: Gemeint ist B.s Jugendfreund Hans Soelch; vgl. Komm. in Bd.I.
S.46, Z.12-14 und 25-28: Schön ist die Jugend: B. zitiert, leicht abgewandelt, den Refrain des Liedes Aus dem Seulingswalde (vgl. Der Zupfgeigenhansl, I0.Aufl. 1913, S.120).

S.47 Die Kapelle
Zuerst erschienen in: Orplid (hg.v. Martin Rockenbach), 2, 1925/1926, H.9, S.329f. Dann aufgenommen in: Gedichte, S.79.
In beiden Drucken steht statt »Maria« (S.47, Z.I): Madonna.
Die » wohl reinste und schönste Legende« B.s (Bode, S.46) fand die besondere Beachtung Rudolf Alexander Schröders, der über das Gedicht 194o folgendes notierte: »An der Grenze dieser Welt, fraglos unter Rilkeschem Einfluss steht das Gedicht Die Kapelle, das ich vorläufig als das Meisterstück Georg Brittings ansprechen möchte. Spricht es doch am deutlichsten aus, was manche hinter den Versen der Dichter mehr vermuten als deutlich spüren lassen u. das doch allen Vers und Reim erst zum Gedicht werden lässt, das Hindurchschimmern eines „ewigen" Augenblicks durch den bloß erlebten.« (o. T. Sammelbesprechung u. a. über Paul Appel, Georg Britting, Josef Weinheber, 1940, Fragment, ungedruckt, DLA, Nachlaß R.A. Schröder).