Georg Britting
 © Georg-Britting-Stiftung......
Aus Georg Britting, Sämtliche Werke, Band 1 - Frühe Werke- 
"Erzählungen, Bilder, Skizzen".. S. 218  - List Verlag - München 
Die Englische Übersetzung aus:
Georg Britting - Gesamtausgabe in Einzelbänden - Band "Anfang und Ende" S.64
Nymphenburger Verlagshandlung - München - 1967
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DIE MÜCKENSCHLACHT

Schwüle lag wie ein großes heißes Tier vorm Fenster. Die steinernen Flanken zitterten. Die rote Zunge rauchte über den Dächern. Mit dem Atem stieß die Bestie Schwärme kleiner, gelbflügeliger Mücken aus, Die hingen wie Fahnen in der Luft, steil und schräg, mit flatternden Zipfeln und unbewegt. Am Abend begannen sie ungeheuer und klingend zu tanzen. - Sie drehten sich in rasenden Wirbeln, brachen wütend über die Stube herein und schwangen wie verdorrte Kränze um die Lampe. Es waren hunderte, tausende. Die Stube begann sich mit ihnen zu drehen. Sie verfinsterten das Licht. Wir warfen die Netze unserer Finger unter sie, schlossen die Faust und hielten ihre kleinen, zuckenden Körper gefangen. Wir erschlugen sie mit Tüchern, verfolgten sie mit brennenden Kerzen, ihnen Scheiterhaufen zu bereiten. Aber sie wurden immer mehr und die Bögen ihrer wilden Kreise immer gewaltiger. Sie zwangen uns, bei ge-schlossenen Fenstern zu sitzen. Wenn wir an die Scheiben traten, sahen wir sie gierig am Glas kleben. Wir fürchteten uns. Jeden Abend mußten die Fenster geschlossen bleiben. Wir verbrannten. Wir lehnten müde in den Sesseln. Mit feuchten Fingern drehten wir Zigaretten. Von Zeit zu Zeit ging einer zum Fenster, wo von draußen mit leisem Prall die Mücken gegen das Glas taumelten. Wir waren belagert. Eingesperrt. Sie lauerten immer auf uns. Die schwülen Nächte dampften unter dem Mond. Uns ergriff ein wilder Haß gegen unsere Feinde. Wir töteten sie, wo wir sie vereinzelt antrafen. Wir öff-neten das Fenster ein wenig, daß durch die kleine Spalte taumelnd eine Schar und geblendet hereinwogte. Wir erschlugen sie alle. Unser Gefan-gencnleben wurde unerträglich. Der Schweiß zer-fraß uns. Wir lagen erschöpft über den Tischen. Und immer die gierigen Flügelflatterer an den Scheiben.
Eines Abends erstach ein schneller Blitz das große Tier. Im Regen verschwamm das Blut. Der mückenspeiende Atem erlosch. Wir schlugen das Fenster weit auseinander. Den zwei Mücken, die prasselnd kamen, rissen wir die Flügel aus. Die verstümmelten Leichen bliesen wir vom Tisch.