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Georg Britting
Sämtliche
Werke - Prosa -
Herausgegeben von Georg-Britting-Stiftung
Band 5
Seite 307
Kommentar
Seite
416
Aus: »Erzählungen,
Bilder, Skizzen«
Nachwort
[zu einer Mörike-Ausgabe]
Eduard Mörike
wurde im Jahre 1804 in Ludwigsburg bei Stuttgart geboren, in Stuttgart
starb er 1875, und Zeit seines Lebens hat er Schwaben nicht verlassen mögen,
ein paar kleine Reisen nach Bayern, nach Tirol, in die Schweiz ausgenommen.
Über 70 Jahre währte dieses sein schwäbisches Dasein, von
dem er an die zwanzig als Vikar und Pfarrer in behäbig-stillen Dorfgemeinden
hinbrachte, zu Cleversulzbach im Unterland zuletzt, bis ihm Last und Sorge
selbst dieses beruhigten Amtes zu drückend wurden, und er, noch kein
Vierziger, den Abschied erbat und erhielt, von den jährlich 280 Gulden
Ruhestandbezügen hinfort lebend, um nur noch am Katharinenstift in
Stuttgart »Frauenzimmervorlesungen« über Literatur zu
geben, eines kleinen Nebenerwerbs wegen. Der dichterische Ertrag dieses
langen Lebens, und auch die Honorare waren entsprechend gering, ist ein
schmales Werk: ein Roman »Maler Nolteno, eine Vers-Erzählung
in sieben Gesängen, die »Idylle vom Bodensee oder Fischer Martin«,
das saftstrotzende, wie vom Volksmund selber gesprochene Märchen vom
»Stuttgarter Hutzelmännlein«, die kunstreiche, mozartzarte
und -nahe Novelle »Mozart auf der Reise nach Prag«, ein paar
kleine Märchen und Erzählungen - und ein Gedichtband, 1838 zum
erstenmal erschienen, im Lauf der Jahrzehnte vom Dichter in mehreren Nachdrucken
immer wieder vorgelegt, jeweils um etliche Stücke gekürzt, um
neu Entstandenes sparsam vermehrt. Aber in diesem einen und einzigen Gedichtband
Mörikes stehen Gebilde von vollkommener Schönheit, in antikischer
Heiterkeit glänzend, von feuriger Kraft und süßer Fülle,
in einem innigen Seelenton gesungen, makellose und ewig strahlende Zeugnisse
unserer Sprache. 1873 erschien die letzte, die fünfte, Neuauflage
der Gedichte, zwei Jahre später starb Mörike.
Er hatte sich noch in seinen
letzten Lebensjahren von seiner Frau getrennt, war ruhelos von einer Wohnung
in die andere gezogen, kränkelnd, heiter-griesgrämig und ein
wenig wunderlich geworden, verspielt-melancholisch, »so arm von außen
und so reich von innen«. Den 70. Geburtstag beging er einsam und
ohne Trost.
Er war, als er lebte,
nicht »verkannt«. Ein nicht einmal geringer Kreis von Lesern
(seine Freunde waren darunter, und Dichter wie Heyse, Storm, Geibel, Keller)
wußte um seine Bedeutung. Trotzdem: als die Nachricht von seinem
Tode sich verbreitete, staunten die Stuttgarter; sie hatten gar nicht mehr
gewußt, daß er noch unter ihnen weilte. Nun »grünt
sein Ruhm und wächst ihm übers Haupt«.
Die vorliegende Ausgabe
enthält den »Maler Nolten« nicht. Der Roman ist ein Werk
von bedeutender Anlage, in der Nachfolge des »Wilhelm Meister«,
der »Wahlverwandtschaften« stehend, abirrend und schweifend
manchmal, voll von großäugigen Schönheiten: in einer zweibändigen
Auswahl, die, ohne literaturwissenschaftlichen Anspruch, den Dichter Mörike
in seiner lebendigen und unverbrauchten Fülle und Frische zeigen soll,
schien es desungeachtet nicht notwendig, ihn zu bringen.
Die Gedichte, von denen
eine geringe Zahl fortgelassen wurde, erscheinen hier in der Anordnung,
die Mörike selbst gewollt hat. Die kleine Nachlese enthält Gedichte,
die zum Teil nur in Zeitschriften erschienen sind, zum Teil sind es solche,
die Mörike bei Neuauflagen aus dem Band herausnahm, zum Teil stammen
sie aus dem Nachlaß. Im Verzeichnis ist bei den Gedichten das Entstehungsjahr
vermerkt.
Von einer Erläuterung
oder »Übersetzung« der mundartlichen und schwäbisch-volkstümlichen
Worte und Wendungen und Redensarten, wie sie besonders im »Hutzelmännlein«
zahlreich sind, wurde abgesehen. Sie sind so innig verwachsen mit Leib
und Geist der Dichtung Mörikes, daß ihr Klang und Duft gespürt
wird, und ihr Sinn sich erschließt, auch wenn sie nicht »genau«
verstanden werden.