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Lieferbare Ausgabe:

Georg Britting
Sämtliche Werke  

Taschenbuchausgabe
in 23 Bänden

Band 2  "Rabe, Ross und Hahn"  Seite 42

Editionsnotiz zu dieser Ausgabe

Georg Britting
Sämtliche Werke 
- Rabe, Ross und Hahn -   Band 2   Seite 164

© Georg-Britting-Stiftung - Alle Rechte vorbehalten /  
zu den Rechten:
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Verwilderter Bauplatz                                   

Aus der Baustelle ist fast ein Garten geworden,
So siegreich erweist sich das Grün.
Braun modern die Bretter, im Feuchten, im Norden,
Im Schatten der Mauer, aber sie glühn,
Wo die Sonne hin kann, und die Ameisenhorden
Unablässig schwarzwimmelnd sich mühn.

Die Brennesseln wogen so dicht heran,
Ein züngelnder, wilder Strauch,
Dem niemand gefahrlos sich nähern kann.
Über ihnen glänzt es wie Rauch,
Und wenn ein Luftzug geht dann und wann,
So zeigen die Blätter den Bauch.

Die Winde hat keinen festen Halt,
Muß sich an anderen stützen,
Und wo nur Buschzeug wächst und wallt,
Das muß sie mit Schläue benützen,
Noch hoch an der Bretterwand festgekrallt,
Weiß schwenkt sie die flattrigen Mützen.

Die Katzen schleichen lautlos herbei,
Sie sind hier als Herren zu Haus.
Und Schüsseln warten mit Milch und Brei,
Die brachte man ihnen zum Schmaus.
So speisen die Katzen vielerlei,
Aber am besten schmeckt ihnen die Maus.

Der Holzstoß riecht, es riecht nach Teer,
Es riecht nach Kalk und nach Kies.
Im blechernen Kübel, er dient niemand mehr,
Schimmert Wasser aus dunklem Verlies:
Das stammt vom letzten Regen noch her,
Der es faulend hier hinterließ.

Die Wegwarte will getreten sein
Und bietet dem Fuß sich dar.
Daneben aus dem bröckelnden Stein
Erhebt sich hochmütig die Schar
Der Disteln und schaut königlich drein,
Mit der Kron aus starrendem Haar.

Die Fliegen taumeln in schwarzer Gier
Über der Pfütze neben den Brettern.
Das sumpfige Loch hier ist ihr Revier,
Und vorbei mit flügelndem Schmettern
Saust schwer schnaufend das Hummeltier,
Verachtend die kleineren Vettern.

Von schmierigen Lumpen ein ganzer Pack
Deckt die Ziegeltrümmer fast zu.
Klaffend zersprungenes Leder, das Wrack
Von einem genagelten Schuh,
Liegt gähnend bei dem durchlöcherten Sack
Neben der Mörteltruh.

Der schwarzrindige Faulbaum steht
Auf dem Hügel von Schutt und Sand.
Auf dem sich selbst überlassenen Beet,
Entkommen der ordnenden Hand,
Da wuchert es wild und schwellend und weht
Den Samen geil in das Land.

Die Sonne scheint, und der Regen fällt,
Und der Dampf wölkt überm Gemäuer.
Auf der morschen Bank, die kaum mehr hält,
Siedelt der Schwamm, rot wie Feuer.
Davor hat tief atmend sich aufgestellt,
Starrblickend, das Froschungeheuer.

Wild über Bruch und Schutt und Zerfall,
Begann ein grünes Gedeihen.
Mit wehenden Fahnen brandet der Schwall
Der Gräser und Büsche, als seien
Sie stürmend in unwiderstehlichem Prall,
Im unaufhaltsamen Siegen,
Auf die stürzenden Mauern gestiegen.

Die Teller lichtfressend nach oben gedreht,
Den Fuß zwischen Büchsen und Scherben,
Ein Wäldchen von Sonnenblumen steht
Auf Müll und strotzendem Sterben.

Der Stoff, aus dem ihre Häupter gemacht,
Die ganze mächtig prunkende Pracht,
Sie mußten sie saugend erwerben,
Den Unrat verwandelnd in goldene Fracht,
Des Modernden lodernde Erben.